Schweden und die Sicherheit
Was macht Schweden - gesellschaftlich und virtuell - zu einem solch sicheren Land?
Die Schweden überdenken ihren Umgang mit der Freiheit.
Bislang galt dieses sympathische skandinavische Land als recht sicher. Dies mag verschiedene Gründe haben: Die Schweden haben sich gerne und gut aus übernationalen Konflikten herausgehalten. Daher ist man nie ins Fadenkreuz als "Feindland" geraten. Die lockere Toleranz der Schweden geht auf eine geschichtliche Entwicklung zurück, die bis in die heutige Zeit stabil blieb. Zumindest schien es so.
Ein typisches Beispiel für die Unbedarftheit der Schweden war/ist ihr Umgang mit Daten. Wenn man Schweden erzählt, welche Datenschutzdebatten es etwa in Deutschland gibt, verstehen die das bisher nur selten. Selbst Software-Riesen wie Kaspersky oder Avira schaffen es nicht, sich mit ihren Sicherheitsprodukten, auf dem Markt der vertrauenswürdigen Schweden zu etablieren. Andererseits habe ich mit dem Kopf geschüttelt, als ich erfuhr, dass das schwedische Steuersystem eine Datenabgabe per SMS ermöglicht. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt. Das tat der Schwede bisher nicht. Er konnte sogar per ratsit.se mal nachsehen, was denn der Nachbar so verdient. Ein Menschenbild, das sehr auf das Gute vertraut, wird hier erkennbar. Das ist im Alltag spürbar, und deshalb fahren wir ja auch immer wieder gerne dahin oder manche wandern sogar dahin aus.
Bei den Schweden ist etwa das Nacktsein unverkrampfter, es ist nicht komisch, recht schnell mit einem neuen Nachbarn gemeinsam nackt in der Sauna zu sitzen. Wie nackt man vor dem Staat dastehen möchte, da scheint den Schweden jetzt Bedenken zu kommen.
Ein Auslöser war sicherlich das Weltbild, dass sich durch die Enthüllungen eines Edward Snowden auch den Schweden offenbart: Manchmal scheint es doch auch möglich zu sein, dass jemand mit schlechten Absichten sich virtuellen Zugang verschafft.
Der bisherige freizügige Umgang mit Daten geht auf ein sehr positives Staats- und Gesellschaftsbild zurück. Seinen Ausdruck fand es im offentlighetsprincip, dem Prinzip der Öffentlichkeit. Dies gewährt jedem Schweden Einblick in öffentliche Daten. Die Idee: Transparenz erzeugt Vertrauen. Dies ist tief in das menschliche Miteinander in Schweden eingedrungen. Nun muss man wissen: Das erwähnte Öffentlichkeitsprinzip ist als Grundrecht in der Verfassung Schwedens festgeschrieben. Dies allerdings im Jahr 1776. Seit dem hat sich manches drastisch verändert.
Eine transparente Toleranz bewährt sich in kleinen, übersichtlichen Strukturen, die nur geringen Veränderungen ausgesetzt ist. Doch das gilt auch für Schweden seit Einführung von Massenmedien und flächendeckendem Internet nicht mehr in solcher Absolutheit. Nur mal so: Schweden hat in den letzten Jahren mehr Asylanten aufgenommen als viele andere europäische Länder zusammen. Das verändert eine Gesellschaft. In welche Richtung, das ist nicht feststehend.
Interessanterweise sind die Schweden an anderer Stelle viel konsequenter und effektiver als andere Länder. Das Stichwort ist Google. Seit 2013 dürfen in der Öffentlichkeit keine Google-Produkte genutzt werden. Datainspektionen ist ein in Schweden zuständiges Amt, das die Privatsphäre schützt. Da sind also an einem heiklen Punkt die rauen Nordmänner keine Spur naiv. Wenn sie wirklich Gefahr wittern, was bei Google nun nicht ganz unberechtigt ist, dann machen die Schweden ernst. Das mag ich an diesem Menschenschlag auch so gerne: Freiheit und Toleranz - ja und solange es geht. Aber wenn eine Grenze überschritten ist, dann muss man die Grenze neu ziehen und verteidigen. Und ich sehe in solchem Sein und Handeln keinen Widerspruch.
(Kooperativer Beitrag mit der Redaktion von Netzsieger)