Schwedenauswanderung - Mit knapp 50 Lenzen nochmal ganz neu anfangen?
Heute gibt es für euch mal wieder einen Erfahrungsbericht aus der Auswanderer-Reihe "Auswandern - Und dann? Ein Erfahrungsbericht...". Harald ist eigentlich schon fast ein ?alter Hase? im Vergleich zu mir und ich kann vielen seiner Punkte, auch nach nur einem Jahr Schweden, zustimmen. Doch lest selbst?
Hej Harald, schön, dass du ein paar Minuten Zeit für mich gefunden hast. Erzähle doch einfach etwas kurz über dich!
Ich bin 1958 in Siegen geboren, aufgewachsen, habe meine Lehre dort gemacht und bis 1999 dort gearbeitet. Ich hab drei Töchter und vier Enkel. 1999 wurde ich leider wegen einem schweren Rückenschaden Frührentner. 2008 bin ich mit meiner Frau und drei Hunden nach Schweden ausgewandert.
Warum bist du eigentlich nach Schweden ausgewandert?
Ich bzw. wir sind aus Deutschland ausgewandert, weil uns die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 20 Jahre in Deutschland nicht mehr gefallen haben. Die meisten Politiker richten ihre Fahne immer mehr zum Kapital, Großkonzernen und Banken aus. Auf der anderen Seite wird das normale Volk immer mehr ausgebeutet. Überall wird nur noch geschaut, wo man den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen kann und in der Gesellschaft findet man immer mehr Kälte, Rücksichtslosigkeit sowie Ellenbogen.
Wie stand es mit deinen schwedischen Sprachkenntnissen bei der Auswanderung?
Wir haben uns über ein Jahr in Deutschland ausgiebig auf unsere Auswanderung vorbereitet. Dazu gehörte auch die Belegung eines Sprachkurses an der VHS. Dieser Kurs wurde jedoch leider nach ein paar Monaten wegen Lehrermangel eingestellt und wir mussten daher nur mit Grundkenntnisse hier in Schweden starten.
Was hat dich an Schweden oder womit haben dich die Schweden am meisten überrascht?
Da wir uns vorher ausgiebig über Schweden informiert hatten und schon dort im Urlaub waren, ist eigentlich alles so wie wir es erwartet hatten eingetreten. Dass die Schweden sehr zurückhaltend sind, wussten wir ja vorher schon und deswegen hat uns das nicht weiter überrascht. Aber darüber, dass doch viele Schweden etwas zurückhaltender sind als wie wir sie als Touristen erlebt haben, verwunderte uns schon etwas.
Wie hast du die soziale Integration in deinem Umfeld erlebt?
Wir haben uns hier gut eingelebt, haben neue schwedische als auch deutsche Bekannte und Freunde gefunden. Uns ist jedoch aufgefallen, dass die Schweden sehr zurückhaltend sind. Seit wir aber die schwedische Staatsbürgerschaft erhalten haben, hat sich das komischerweise schlagartig geändert. Denn die Schweden haben plötzlich viel mehr Interesse an uns und dem was wir tun oder warum wir hierher ausgewandert sind.
Nun hast du schon einige Zeit in Schweden verbracht... Inwieweit stimmen deine Vorstellungen mit denen überein als du nach Schweden ausgewandert bist?
Auf Grund dessen, dass wir gut informiert und vorbereitet waren, trat vieles im Großen und Ganzen ganz so wie wir es erwartet hatten ein. Natürlich war die eine oder andere Sache etwas besser oder schlechter, aber in keinem Maße, was wir nicht vorher erwartet hätten.
Was würdest du Neu-Auswanderer in Schweden als Tipp für einen gelungenen Start mit auf dem Weg geben?
Jedem Schwedenauswanderern würde ich auf jeden Fall empfehlen, sich vorher ausgiebig über Schweden und die Gepflogenheiten dort zu informieren - zu sehen, ob man mit diesen leben und sich damit identifizieren kann. Darüber hinaus sollte man versuchen, sich der Lebensweise der Schweden, beispielsweise auf der Arbeit, etwas anzupassen. Denn wir haben es oft erlebt, dass Deutsche, die sich nicht etwas anpassen, überall anecken und früher oder später wieder nach Deutschland zurück gehen. Weil eben viele dieser, ich sage jetzt mal "typisch deutschen" Tugenden, in Schweden als negativ angesehen werden. In den fast 7 Jahren, die wir hier leben, haben wir das bestimmt bei 6-7 Familien erlebt, die allein hier in unserer Gegend gescheitert sind. Man sollte auch vorher schon so viel wie möglich die Sprache lernen und sich wenn möglich einen finanziellen Rückhalt fürs erste Jahr schaffen. Denn es dauert ungefähr ein Jahr bis man sich vernünftig eingelebt hat.
Vielen Dank, lieber Harald, für deine doch sehr offene und ehrliche Beantwortung meiner Fragen. Ich wünsche dir alles Beste weiterhin und viel Spaß noch in Schweden.